Wo bleibt die deutsche Friedensbewegung?

In einem Namensbeitrag in „Die Welt“ fragt der Generalsekretär der CDU Deutschlands, Peter Tauber, wo im Fall Ukraine eigentlich die deutsche Friedensbewegung bleibt? „ Sie ist nicht da. Warum? Ich wage die These: Es geht nicht gegen die Amerikaner, Israel oder die Bundeswehr“, so Peter Tauber.

Der komplette Namensbeitrag von Peter Tauber:

Heute beginnt die Fastenzeit. Für Christen steht am Ende der Fastenzeit das Osterfest, die Kreuzigung und Auferstehung Jesu Christi. Für die politische Linke in Deutschland stehen am Ende der Fastenzeit die jährlichen Ostermärsche. Obwohl die Hochzeit dieses Protestes gegen den Krieg lange vorüber ist, berichten die deutschen Medien jährlich brav über die Demonstrationen in vielen deutschen Städten mit ihren altvertrauten Ritualen des Schwingens blauer Fahnen mit Friedenstauben. Demonstrieren für den Frieden ist eine gute Sache – gerade dann, wenn der Frieden in Gefahr ist. Wer mag das bestreiten?

Derzeit schauen wir mit großer Sorge nach Osten. Nachdem auch mithilfe Europas und der Außenminister des Weimarer Dreiecks ein Bürgerkrieg in der Ukraine abgewendet schien, droht dem Land an der Grenze zur EU neues Ungemach. Russland dokumentiert und verteidigt mit der Entsendung von Truppen in die Ukraine seinen imperialen Machtanspruch – da es sich um einen souveränen Staat handelt, könnte man auch von Invasion sprechen. Der Frieden ist in Gefahr. Obama telefoniert 90 Minuten mit dem Kreml-Chef, die Kanzlerin schaltet sich ein, die ganze Welt schaut auf die Ukraine. Nur die deutsche Linke und die Friedensbewegung schweigen – offensichtlicher kann man nicht versagen.

Schon in der letzten Sitzungswoche des Bundestages kam es im Parlament zum Eklat, als Abgeordnete der Linken behaupteten, die Demonstranten auf dem Maidan seien von Faschisten und Antisemiten gesteuert und darum dürfe man sich mit den Protesten nicht gemeinmachen. Auf dem Maidan waren alle Kräfte der Gesellschaft im Protest gegen den Diktator versammelt. Darunter waren sicher auch Strömungen, die man sehr kritisch sehen muss. Aber sie spielten nicht die entscheidende Rolle.

Mit jeder beunruhigenden Nachricht von der Krim muss die Frage lauter gestellt werden: Wo ist die deutsche Friedensbewegung? Sie ist nicht da. Warum? Ich wage die These: Es geht nicht gegen die Amerikaner, Israel oder die Bundeswehr. Deshalb bewegen sich Alt-68er und Linke ungern von der bequemen Couch nach draußen. Deren Protest galt in Wahrheit nie allein dem Eintreten für den Frieden in der Welt. Er war immer auch ein politisches Statement für eine Ideologie und eine linke Weltsicht. Nie war dies offensichtlicher als dieser Tage. Wenn sie dann Ostern wieder demonstrieren – gegen Rüstungsexporte, gegen die israelische Siedlungspolitik oder US-Raketenabwehrschirme – dann sei der deutschen Friedensbewegung zugerufen: Erspart uns diese Bilder! Jetzt wäre eure Stunde. Doch ihr versagt.

Erschienen in: Die Welt, am 5. März 2014 – Artikel auf welt.de abrufen