Selbermachen, statt Frontalunterricht

Lernen ohne Noten? Jahrgangsübergreifend? Ohne Angst vorm Sitzenbleiben? Und ohne Schularbeiten und Hausaufgaben? Als die Freie Montessori Schule Main-Kinzig-Kreis vor zehn Jahren in einem ehemaligen Telekom-Gebäude in Linsengericht-Altenhaßlau, unweit zur Stadtgrenze nach Gelnhausen, ihre Pforten öffnete, hielten sich Spannung und Skepsis bei vielen Beobachtern die Waage. Wie gut sich die Privatschule seitdem entwickelt hat, davon überzeugten sich der heimische Bundestagsabgeordnete und CDU-Generalsekretär Dr. Peter Tauber sowie CDU-Landratskandidatin Srita Heide unlängst bei einem gemeinsamen Termin vor Ort.
Die Geschäftsführerinnen Nina Villwock und Susen Schorn hießen Heide und Tauber gemeinsam mit Elternvertretern sowie Lehrern, die hier „Lernbegleiter“ heißen, in der Lagerhausstraße willkommen. Die Führung durch die Anlage übernahmen aber freilich die Schüler, schließlich steht in der Montessori-Schule das „Selbermachen“ im Fokus. Frontalunterricht sucht man hier vergebens, stattdessen arbeiten die Schüler in Lerngruppen in der Grundschule (1. bis 6. Klasse) sowie in der Sekundarschule (7. bis 10. Klasse) jahrgangsübergreifend zusammen. Die ganz Kleinen spielen und toben derweil im „Kinderhaus“, der schuleigenen Kita gleich nebenan.

In allen Jahrgangsstufen entscheiden die Schüler selbst, welchen Themen sie sich vorrangig widmen wollen. Der jeweilige Lernbegleiter dokumentiert die Fortschritte und weist wenn nötig darauf hin, in welchen Fächern eventuell noch nachgearbeitet werden muss, um die staatlichen Prüfungen am Ende bestehen zu können. Denn schließlich soll der Übergang auf eine weiterführende Schule, beispielsweise in Vorbereitung auf das Abitur, möglichst nahtlos gelingen. Dass das funktioniert, hat die Montessori-Schule schon unter Beweis gestellt: Zwei zehnte Jahrgangsstufen haben die hessenweit einheitlichen Abschlussprüfungen bereits erfolgreich absolviert.
Seit wenigen Wochen ist zusätzlich zum Stammhaus in der Lagerhausstraße ein „außerschulischer Lernort“ in Gelnhausen entstanden. Die „Villa Kunterbunt“ der Veritas, einst eine Unternehmervilla, wurde dank Unterstützung des Unternehmens sowie des Fördervereins der Schule kurzerhand in ein Gästehaus umfunktioniert, für das die Schüler alleine die Verantwortung tragen, egal, ob es um Instandhaltung, Gestaltung, die Unterbringung von internationalen Besuchern oder Rasenmähen im hauseigenen Garten geht. Demnächst sollen hier wahrscheinlich Hühner und drei Bienenvölker Einzug halten – langweilig wird den Schülern gewiss nicht.

Der neue Lernort in Gelnhausen gesellt sich konzeptionell zu den Montessori-Farmschools in Österreich, Schweden, Norwegen, USA, Mexiko, Australien oder Indonesien, denn das Montessori-Herz schlägt global. Dort ist es durchaus üblich, dass die Schüler neben dem Unterricht auf dem schuleigenen Bauernhof Trecker fahren, Tiere versorgen, Gemüse anbauen und sich zudem um die Bürokratie, inklusive Verkauf, Vertrieb und Buchhaltung kümmern. Den Traum von der eigenen „Farm“, hat sich die Schulgemeinde im Main-Kinzig-Kreis damit also zumindest im Kleinformat erfüllt.

Peter Tauber zeigte sich wie Srita Heide beeindruckt, wie selbstbewusst, eloquent und kompetent die Schüler von ihrem Alltag berichteten. „Die Wertschätzung und die individuelle Förderung, die den Kindern und Jugendlichen hier zuteilwerden, wirken sich unübersehbar äußerst positiv auf die jungen Menschen aus. Es ist herzerfrischend, mit welcher Begeisterung und Engagement hier alle bei der Sache sind.“ Srita Heide gefiel insbesondere die internationale Ausrichtung der Schule, die beispielsweise durch entsprechende Fortbildungsangebote für die Pädagogen in europäischen Nachbarländern gestützt wird. „In unserer globalisierten Welt ist es wichtig, dass die Lernbegleiter so neue Impulse erhalten, die sie an die Schüler weitergeben können.“

Den Schülern wünschten Tauber und Heide viel Erfolg, den Lernbegleitern weiterhin viel Inspiration und den Eltern Verständnis für die auf den ersten Blick oft unorthodox erscheinenden Lehrmethoden.

(Foto: Tobias Koch)